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  • AutorenbildSonja Mulde

"Im Kollektiv gedeckelt traurig"

Trauer um verstorbene Haustiere kennen sehr viele von uns. Heute Morgen habe ich eine wundervolle Sprachnachricht zurück erhalten, die mich tief berührt hat. Als Tierfreund erlebe und tausche ich mich immer wieder mit anderen darüber aus, was es alles in uns macht, wenn ein Tier von uns geht. In meiner Arbeit ist das ein sehr häufiges Thema und nicht selten wird es seit Jahren gut gedeckelt. Der tiefe Zugang zur Trauer bleibt zu. Aus Angst sich dem zu stellen, was sich zeigt, welche Gefühle hoch kommen könnten, die Emotionen Schuld, Wut, Verzweiflung… und absolute Sehnsucht, die einem fast das Herz zerreißt, scheint für uns kaum aushaltbar zu sein. Vielleicht kennst du solche Gefühle, solche Gedanken. Und man möchte daran gar nicht denken und schiebt alles beiseite und lenkt sich ab. Und es geht vielen so. Wir sind im Kollektiv traurig. Nicht nur du, sondern so unglaublich viele. So viele verletzte Kinder, innen wie außen, so viele traurige Erwachsene resultieren daraus, ohne manchmal zu wissen, was es eigentlich ist, was wir so lange verborgen in uns tragen und uns blockiert. Ich spüre und höre diesen Schmerz in meiner Praxis sehr häufig und den Wunsch, dass es aufhören soll. „Es wird vielleicht nie aufhören, es wird vielleicht leiser und sanfter werden mit der Zeit“, sage ich oft, denn wer kann so ein Versprechen geben, dass man es wegzaubert?!

Vielleicht „bricht“ es an Stellen aus, wo wir nie dran gedacht hätten, dass es jetzt dran ist. Oft kriegen wir einen Zusammenhang hin, manchmal nicht, dann braucht es noch mehr Zeit. Unsere Gefühle und auch die Blockaden machen sich aber bemerkbar, sie klopfen an und „können lauter werden“. Spürst du in dir, dass auch du ein oder mehrere Erlebnisse im Sinne mit Tod und Sterben, Abschied von deinem Tier und der Trauer, dir einen Kloß im Hals da lässt? Deine kindlichen, wie Erwachsenen Erfahrungen, plus das, was dein Umfeld dir über Tod & Sterben erzählt/beibringt, so viel ausmacht auf deiner Reise. Doch es muss nicht so bleiben. Die Zeit zeigt, wann „es dran ist“ (an-)gesehen und gefühlt zu werden. Und auch, wann es Zeit ist, mehr in die Heilung zu gehen. Meist passiert das nicht alles auf einmal. Das Bewusst werden von“ ja, ich fühle das auch in mir, ich gestehe mir zu, sehr traurig zu sein, es tut immer noch so weh “…, bis hin zu, „und jetzt wird der Schmerz leiser, der Druck weniger“…, ich kann darüber sprechen... Die Schritte geschehen in dir selbst, in deinem eigenen Tempo. Es gibt dafür kein Zeitpunkt XY, wann wir damit fertig sein sollten. Bleibe sanft zu dir. Dein Tier hat nichts davon, wenn du den Prozess beschleunigen oder gar nicht erst fühlen möchtest. Und du auch nicht. Keiner kann dir den Schmerz einfach nehmen oder so nachvollziehen, wie du ihn in dir selbst erlebst. Die Frage ist eher, wie und ob du deine Gefühle zulässt und integrieren kannst, als das was sie sind. Unterm Strich, ist es Liebe. Und die Sehnsucht nach seinem tierischen Freund. Mit ihm wundervolle Lebenszeit verbracht zu haben, die nun auf Erden zu Ende ist. Eine Freundschaft, wie nur Tierhalter sie kennen, wenn dein Gegenüber Fell, Flossen, Federn, Krallen oder sonst was hat und du liebst. Zutiefst liebst. Eine liebevolle Zuneigung und Kommunikation empfunden hast, die oft so lautlos einhergegangen ist und nun ist dort ein schmerzhafter Punkt, eine seelische Wunde. Uns fehlt diese Verbindung, das berühren und berührt werden. Liebe zu geben und Liebe zu empfangen. Das Umsorgen, das Miteinander. Bei jedem Abschied ist es ein Vorausgehen des anderen und ein Wiedersehen zugleich, irgendwann. Vielleicht tröstet dich der Gedanke, dass unsere Tiere nicht fort sind, nur woanders. Auch wenn wir sie körperlich nicht mehr wie gewohnt berühren und ihnen nah sein können, die Verbindung und Liebe stirbt nicht automatisch mit. Sie ist lebendig. Ich würde so gern schreiben, fokussiere dich auf das, was ihr hattet und nicht auf das, was jetzt fehlt. Doch in den „frischen Phasen“ ist dies nicht wirklich tröstend. Wir hören die Worte, wir kennen die Worte weil wir sie vielleicht unserer lieben Freundin auch schon Mal gesagt haben in so einer Situation, aber sie erreichen uns nicht wirklich. Vielleicht hilft es dir auch nicht, wenn ich schreibe, weiß du wie vielen Menschen es ähnlich geht wie dir? Du bist nicht allein. Es sind so viele trauernde Menschen um dich rum und vielen sieht man es auf den ersten Blick nicht an. Ob sie die Trauer von einem Tier, ihrer Oma, dem Opa … in sich, gut gedeckelt, mit sich tragen. Die Menschheit ist überwiegend Kollektiv gedeckelt traurig. Ich bin kein Freund davon, alles zu pauschalisieren, dennoch fällt es mir auf. In den Einzelsitzung die ich gebe, in den Kursen, in so vielen Gesprächen mit Tieren und Menschen und in mir selbst.

Vielleicht hilft es dir ein wenig wenn ich schreibe, dass unsere Tierfreunde „auf der anderen Seite“ nicht alleine sind. Dass sie in ihrem „Tod sein-Kollektiv“ voller Liebe zu uns sind. Dass sie sich für uns wünschen würden, dass wir uns all die Zeit nehmen die wir brauchen, jedoch unser Herz nicht komplett verschließen. Die Tür nicht für immer zu machen, denn so kommt kein Licht mehr hinein. Wann du diese Tür wieder öffnest und im welchem Zusammenhang auch immer, nun, das ist deine eigene Reise und ich wünsche dir von Herzen, das Licht anzunehmen, wenn es sich zeigt und sich stimmig für dich anfühlt. Du gibst dem Prozess eine Chance und der trägt zu so vielen anderen Prozessen bei. Lasse dich ggf. gern auf dieser Reise begleiten und scheue dich nicht, mit deinen vertrauten Menschen /und oder Tieren darüber zu sprechen. Du wirst sehen, du bist nicht allein damit. Wo sich ein Herz öffnet, öffnen sich weitere. Und wer weiß, vielleicht bist du es selbst, der bei anderen die Fackel hält, damit jemand anderes die Hände frei hat, um seine innere Tür wieder aufzuschließen und ein Stück zweit zu öffnen...

Von Herzen

Sonja.


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