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  • AutorenbildSonja Mulde

Vom Luft weg bleiben...



Vom Luft ausgehen und ich mache das irgendwann mal… Mein geliebter Nappi, ich verstehe jetzt noch mehr warum du dir Gedanken machst wie es uns gehen wird, wenn du stirbst. Letzte Woche ging es in diese Richtung, dir blieb im wahrsten Sinne, die Luft weg, die Puste ging dir aus, Sauerstoff kam einfach nicht mehr an. Das Wochenende hättest du ohne Hilfe und Medikamente nicht überstanden. Danke, dass du uns gezeigt hast, was und wen du brauchst. Danke, dass du selbst zum Tierarzt wolltest, das zeigte, wie dringlich die Behandlung war. Danke, dass du heute Morgen freudig auf mich zugelaufen kamst, ich hatte Tränen in den Augen, denn an Laufen, war die Tage zuvor nicht zu denken.



Schon vor einigen Wochen schrieb ich bei Instagram darüber, welche Erfahrungen Kinder und Erwachsene in Bezug auf Tod und Sterben mit Tieren gemacht haben.

Was hat man uns erzählt, wie mit einbezogen, wie wurden wir in unser Trauer begleitet.

Und wie wurden unsere Tiere in ihrem Prozess und auf ihrer Reise begleitet, den Körper abzustreifen, um zu sterben. Nappi hatte vor einiger Zeit den Wunsch geäußert, dass er zu seiner Reise so viel zu sagen, zu zeigen und zu geben hat. Einen kleinen Teil davon möchten wir heute mit euch teilen.


Nappi und ich fanden die Idee gut, einen Pfotenabdruck von ihm zu machen. Nicht unbedingt um einen Pfotenabdruck zu hinterlassen, als DIE Erinnerung wie es meist üblich ist, sondern viel mehr als „Autogrammkarte“ im hier und jetzt. Wir fanden die Vorstellung „von gemeinsam und lebendig“ dies, mit warmer Pfote zu tun, einfach gut. Denn allzu oft wird ein Pfotenabdruck in Gips o.ä. erst im Tierkrematorium abgenommen, von einer fremden Person, von einem toten Körper.

Das fühlte sich für uns beide nicht stimmig an und es gehörte ein wenig zu den Dingen, die er als Vorbereitung für seinen Abschied gern erledigt haben wollte.

Aber eben, zusammen, fröhlich, warm und vor allem, lebendig.

Vorletzte Woche haben wir es dann spontan zu Hause gemacht, denn ich hatte die Sachen gekauft um sie schon mal da zu haben.

Sie gehörten eigentlich ein bisschen auf meinen kleinen Stapel von, „das mache ich irgendwann noch, wenn ich mehr Zeit habe“… Doch ein Impuls ließ mich nicht los und so bot ich es Nappi einfach an, indem ich es ihm hinlegte. Wenn er über das Stempelkissen drüber möchte, dann wird er gehen, wenn nicht, dann lege ich zurück zu meinen Dingen, die ich noch mache werde, irgendwann…

Ich zeigte ihm gedanklich das Bild, was er tun muss, damit es funktioniert, wenn er es denn möchte. Er ging drüber.


Da wussten wir nicht, dass ihm eine Woche später das Herz so zu schaffen machen würde, dass "der Tod für ihn schon einmal eingeparkt hatte, aber nicht ausgestiegen war".


Umso mehr schaue ich heute auf die kleinen Pfotenabdrücke, die ihn schon so lange tragen, 12 Jahre, 47 Tage und heute 14 Stunden und 26 Minuten. Es gibt sehr lustige „Outtakes-Bilder“, wo er einfach nur drüber gelascht ist. Und 2, wo er von sich aus stehen blieb als würde er damit meinen, hier, meine Unterschrift, ich schenke sie euch.


Wir hatten einen Hersteller gefunden, der solche Pfotenabdrücke auf weißem Papier anbietet, wo das Tier nicht mehr mit der Tinte in Berührung kommt. Und Nappi entschied für sich, es zu tun.

Ein so fröhlicher Moment, den ich gerade in meinen Händen halte.


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Es scheint so, als würde die Natur mit ihrer einzigartigen, hervorgebrachten Tierwelt uns lehren und schenken, was es u.a. heißt ein Tier zu lieben. Wer dieses Gefühl schon einmal erlebt hat, fühlt vielleicht ähnlich, wie groß und verbindend diese Gefühle sein können. Beobachtet man zum Beispiel Pferde in einer harmonischen Herde, dann können wir wahrhaftig sehen, wie Einheit und wie Liebe in derselben Spezies und Sprache aussieht. Wenn Tiere ihr Herz für uns Menschen öffnen, ist das ein Geschenk. Kommt irgendwann der Zeitpunkt, wo es heißt Abschied zu nehmen, ist es wieder ein Lernprozess, dass wir uns nicht an sie klammern, sondern sie gehen lassen können, ohne daran zu zerbrechen. Wissend, dass zum lieben, auch auf eine gewisse Weise Schmerzanteile dazugehören.

Am deutlichsten spüren wir es im eigenen Herz-Zentrum, denn das Herz schmerzt wahrlich.


Es täte uns gut, erlaubten wir uns einfach viel mehr, dass wir uns dem Thema Tod und Sterben früher öffnen, ohne "dass er morgen gleich aussteigen wird".

Einen natürlichen Umgang mit ihm finden, weil er menschlich, weil er tierisch und unaufhaltbar ist, dass wäre hilfreich. Reichen wir unseren Kindern, Freunden … die Hand, ein offenes Ohr und hören wir auf, Märchen darüber zu erzählen, die wir als Erwachsene noch glauben wollen, weil es uns schonen soll. Wir machen mehr dicht, als auf.

Erzählen wir einander die Wahrheit, nehmen wir uns in den Arm und blenden unseren Schmerz nicht aus und fangen wir mehr an, unser Herz auch für den Tod zu öffnen, so werden die Herzmauern später vielleicht nicht aus Stein gebaut, sondern aus Liebe.


So kommt Luft durch.

So kommt Liebe durch.

So kommt Licht durch.

So bleiben wir bei uns.


Ich bin mir sicher, wir sehen unsere Tierfreunde wieder.

Ich bin mir sicher, dass unsere Tiere nicht weg sind, nur woanders.

Ich bin mir sicher, dass Liebe bis zum Himmel oder sonst wo hinkommt.

Ich bin mir sicher, dass Nappi sterben wird, aber nicht heute.

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